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Wo sind die Eltern geblieben?
Über die Weigerung, erwachsen zu werden
Die kindliche Gesellschaft: Robert Bly


Vom Aufenthaltsort der verloren gegangenen Eltern
Von der manipulativen und sonstigen Macht des Fernsehens
Von den Ursachen der Kostenexplosion im Gesundheitswesen
Watching for Columbine
Der gefrorene Blick: Rainer Patzlaff


Zum Verhältnis von soziologischen, psychologischen und psychoanalytischen Theorien des Verbrechens
Jugendkriminalität und Gesellschaftsstruktur: Tilmann Moser






Wo sind die Eltern geblieben?
Über die Weigerung, erwachsen zu werden

Die kindliche Gesellschaft: Robert Bly
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Ruth Sidel verbindet in ihrem Essay ``But where are the Men?'' das phänomen der väter, die ihre familie verlassen, mit den neuen wirtschaftlichen verhältnissen in den USA. Der stellenabbau, der in den siebziger jahren begann, setzt sich fort und steigt weiter steil an. In den medien ist viel von den kaputten vätern die rede - und das ist verständlich -, ``aber niemand gibt die schuld dafür einer wirtschaftsordnung, die millionen arbeiter um ihre jobs bringt''.
Die amerikanische wirtschaft hat sich vor einigen jahren auf das ziel einer ``erhöhten wettbewerbsfähigkeit'' in einem sich rasch wandelnden markt eingeschossen. Auf der strecke blieben dabei die versprechen an die arbeiter, ihren lebensstandard zu sichern und für ihre angehörigen zu sorgen. ``Im zeitraum zwischen 1973 und 1991 sind die durchschnittlichen stundenlöhne für produktionsarbeiter und angestellte in nicht leitenden positionen stetig gefallen. Von 1980 bis 1993 haben die 500 größten US-unternehmen mehr als ein viertel ihrer belegschaft (4.4 millionen) abgebaut. Im selben zeitraum haben diese unternehmen aber ihr gesellschaftsvermögen um 230 prozent und ihre umsätze um 140 prozent gesteigert.'' Die jahresgehälter der präsidenten und vorstände erhöhten sich um mehr als das sechsfache. Wir kennen alle diese zahlen, und sie sind demoralisierend. Für väter und mütter sind sie schlicht verheerend.
Wir wissen, dass der ``ungelernte schwarze arbeiter kaum eine chance hat, eine feste anstellung zu erhalten, die ihm soviel einbringt, dass er eine familie damit ernähren kann. Schließlich findet er sich damit ab, dass er nicht in der lage ist, die traditionelle vaterrolle zu erfüllen. Statt sich jeden tag aufs neue sein versagen einzugestehen, entschließt er sich oft, lieber wegzugehen.'' [Note by menkaura: Vor diesem hintergrund gesehen ist es ein gefährliches unterfangen, kinder mit materiellem ersatz für mangelnde aufmerksamkeit abzuspeisen - verwöhnt, werden sie sich als erwachsene nur schwerlich in der lage sehen, ihren lebensstil UND kinder zu finanzieren ]
Unter den US-bürgern indianischen ursprungs - ihre zahl liegt bei rund einer million - liegt die arbeitslosenrate durchschnittlich zwischen 45 und 55 prozent, sie kann aber regional und saisonal bedingt auf bis zu 80 prozent ansteigen.
Andrew Kimbrell weist darauf hin, dass ``das angeblich >patriarchalische< system der industrieproduktion in England mit der zerstörung der vaterrolle begann''. Die von den gerichten angeordnete einzäunung von weideflächen, die vorher im gemeinbesitz der dorfgemeinschaft waren, trieb die männer in die fabriken. In den USA geht die zerstörung der vaterrolle auf andere weise weiter: hier werden die arbeitsfreien zeiten ``eingezäunt''. Im jahr 1935 hatte ein arbeiter durchschnittlich 40 arbeitsfreie stunden in der woche, den samstag und sonntag eingeschlossen. 1990 war diese zeit auf 17 stunden zusammengeschmolzen. die 23 stunden, die seit 1935 an wöchentlicher arbeitsfreier zeit verlorengegangen sind, dürften eben die stunden sein, in denen ein vater sich als erziehender und umsorgender vater beweisen kann, in denen er zu sich selbst findet und in denen eine mutter spürt, dass sie tatsächlich einen ehemann hat.
Auch von vielen richtern, soziologen und vertretern der legislative ist in den vergangenen hundert jahren der vater zu einer vernachlässigbaren größe in der familienstruktur angesehen worden.
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Väter verschwinden im juristischen wie im physischen sinn .... die vaterlosigkeit liegt in schwarzen vierteln bei 60 prozent, tendenz steigend, und in weissen vierteln bei 35 prozent, tendenz ebenfalls steigend.
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``Die massengesellschaft mit ihren arbeitsaufforderungen in abhängigkeit'', schreibt Alexander Mitscherlich (in: 'Auf dem weg zur vaterlosen gesellschaft', 1963), ``unter ausschluss der spurenhaften, selbstverantwortlichen leistung, schafft ein riesenheer von rivalisierenden, neidischen geschwistern.''
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Es ist schwer, so berühmt zu sein, wie man es von uns erwartet. Das über-ich oder das ich-ideal hat seine forderungen geändert. Ein ``innerer richter'', der früher hohe ansprüche bezüglich kunst, literatur und moralischem verhalten stellte, fordert nun frühen erfolg, am besten schon mit zwanzig oder zweiundzwanzig .... Heute beruft sich das über-ich nicht mehr auf die lehren Jesu oder Ghandis, um seinen einfluss zu wahren, vielmehr muss es sich Barbra Streisand, Michael Jackson oder einen bekannten talkmaster zum verbündeten machen. Wer es nicht schafft, erfolg, ruhm und popularität zu erringen, hat mit rascher und gründlicher strafe zu rechnen. Das selbstwertgefühl erhält empfindliche schläge von innen, man fühlt sich unbedeutend und von niemandem beachtet, bis wir uns schließlich aus verzweiflung bereit erklären, in einer talkshow aufzutreten und uns rückhaltlos zu offenbaren. Ist dann der große augenblick vorüber, ohne dass die universelle liebe über uns ausgegossen wurde, fallen wir nur noch tiefer. Wie ein beobachter einmal treffend gesagt hat, ist das verlangen nach vollkommenheit ``durchaus mit gleichgültigkeit gegenüber anderen vereinbar''.
Warum ist das über-ich so herrisch und terroristisch geworden? .... Ohne unterstützung durch eltern und lehrer muss es alles allein machen und verfällt folglich in primitive, humorlose barbarei, die in grunge-rock, action-filmen und masochistischen praktiken wie piercing ihren adäquaten ausdruck findet
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In einer kindlichen gesellschaft ist es nicht leicht, zugang zu den eigenen kindern zu finden. Welche werte soll man ihnen vermitteln, wofür soll man einstehen, wobei darf man mitmachen?
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Ob ein adoleszenter Sohn ohne vater seine ödipale aufgabe erfüllen kann, mit dem vater zu ringen und mit diesem beeindruckenden wesen seine kräfte zu messen, ist durchaus zu bezweifeln. Auch die abhängigkeit von der mutter muss er aufgeben. Der vaterlose sohn kann statt dessen seine mutter ablehnen oder mit ihr verschmelzen, das ringen mit einem älteren mann auf einen späteren zeitpunkt in seinem leben verschieben und unterdessen männliche autorität hassen, ohne dass er viel erfahrung mit ihr hat. Fünfundachtzig prozent der in den USA inhaftierten männer sind vaterlos. Wenn ein sohn sich zum wächter seiner mutter ernannt hat, kann es ihm auch passieren, dass er sich fortwährend über seine ``im stich gelassene'' mutter sorgt, anstatt sein eigenes leben zu leben.
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Unsere gesellschaft verfügt über keine verlässlichen mentoren, die einem sohn helfen könnten, eine brücke zur welt des erwachsenen mannes zu schlagen. Der kindlichen gesellschaft fehlen lebendige religiöse intstitutionen, die es einem sohn erleichtern würden, einen vater im rahmen religiöser arbeit oder in der spirituellen welt zu finden. Der kapitalismus hat alle männliche energie aufgesogen, um sich raum zu schaffen für eine noch tieferreichende ausbeutung der kinder. Wenn wir wüssten, was heutige kinder in ihrem inneren erleiden, würden wir jeden mann auf der straße bitten, seine karriere aufzugeben und vater zu werden.
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Immer jüngere kinder werden in die talkshows gezerrt, wo man ihnen sagt, dass ihre ansichten und beobachtungen für alle wichtig seien. Dieser zugriff auf die ganz jungen mit dem ziel, sie zu berühmtheiten oder quellen der weisheit zu machen, ist im grunde eine form von kindesmissbrauch.
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Im jahr 1960 waren die durchschnittlichen gehälter von spitzenmanagern der größten US-unternehmen nach steuern zwölfmal höher als die durchschnittsgehälter von fabrikarbeitern. 1990 waren sie siebzigmal höher. [cf ``Die Zeit'' vom 27. März 2003, p23 `Imperium oeconomicum': Heute haben 40 Millionen US-Bürger keine Krankenversicherung, verdienen die Chefs im Durchschnitt 400-mal mehr als ihr Angestellten und Arbeiter. ]
[Das Wirtschaftsmagazin `brand eins' 11/2007 p121: Der deutsche Physiker, Unternehmer und Sozialreformer Ernst Abbe ließ als Miteigentümer der Firma Carl Zeiss 1896 einen Passus in die Statuten der von ihm gegründeten Carl-Zeiss-Stiftung aufnehmen: ``Das höchste Jahreseinkommen, welches einem Beamten, die Mitglieder der Geschäftsleitung eingeschlossen, für seine vertragsmäßige Dienstleistung gewährt wird, darf zur Zeit der Festsetzung nicht hinausgehen über das Zehnfache vom durchschnittlichen Jährlichen Arbeitseinkommen der (...) Arbeiter.''
Die Regelung galt bis 2004. Dann wurde die Stiftung in eine AG überführt und die Regel gestrichen. Bei Zeiss haben die mitarbeiter diese Reform mitgetragen. Für sie standen bei der Überführung der Stiftung in eine AG andere Fragen im Vordergrund]

[Nach einem bericht des wirtschaftsmagazines `brand eins' 07/2007 liefert die spieltheorie ein maß für managergehälter. Dies ist umso interessanter, als eine neue schweizer studie keinen zusammenhang zwischen gehalt und leistung aufzeigen konnte und bei einer studie des "Manager Magazins" vom Juli 2006 insbesondere die hoch bezahlten manager von Siemens, DaimlerChrysler &Co auf den hinteren rängen landen. Andererseits beschäftigt Toyota weltweit 300k mitarbeiter, macht einen gewinn von 10G€ und hat damit eine marge deutlich höher als die DAX-unternehmen. Ein vorstand verdient bei Toyota im durchschnitt 260k€ im jahr
Eine untersuchung der rationalität von entscheidungen zur nutzungsmaximierung ist das "Ultimatum-game" der spieltheorie: ein von keiner der beiden erwirtschafteter geldbetrag soll unter zwei personen aufgeteilt werden; spieler A macht spieler B ein angebot zum teilungsmodus, B kann annehmen oder ablehnen, in welchem falle beide leer ausgehen. Angebote unter 30 Prozent werden in der regel von B abgelehnt, im mittel ergibt sich eine aufteilung von 62:38, was eine gute näherung des Goldenen Schnittes ist (1.618....). Ähnlich wie in diesem experiment das geld geschenkt ist, lässt sich in einem unternehmen der erfolg sehr schwer zuordnen, daher der wahrheitsgehalt des experimentes, denn so spielt das gerechtigkeitsgefühl eine große rolle bei der verteilung des kuchens. Eine hierarchie tut also gut daran, die gehälter je stufe um den faktor 1.62 zu erhöhen. Für ein unternehmen mit sieben hierarchiestufen oberhalb des einfachen mitarbeiters (mitarbeiter, projektleiter, gruppenleiter, abteilungsleiter, hauptabteilungsleiter, bereichsleiter, vorstandsmitglied, vorstandssprecher = CEO), angenommener optimaler teamgröße von sieben personen und einem mitarbeiterEinstiegsJahresGehalt von 36k€ ergibt sich: der CEO erhält ein salär von 1.62...exp7 * 3k€ = 29.03*36k€ = 1054k€ und trägt die verantwortung für 7exp7 + 7exp6 + ... 1 = 960800 personen. Bei sechs stufen: faktor 17.94 / 651k€ / 137257 personen (s.o. Toyota).
Das ergebnis des "ultimatum"-spieles ist übrigens nach einem bericht des SPIEGEL 31/2007 stark kulturabhängig: während für die industriestaaten oben gesagtes gilt, geben sich die in engen familienverbänden lebenden Machiguenga im peruanischen regenwald oft mit 20 prozent zufrieden - man ist froh, überhaupt einmal etwas geschenkt zu bekommen. Bei den Gnau auf Papua-Neuguinea werden oft auch 70 prozent abgelehnt: hier hängt der soziale status stark vom geben ab. Besonders hohe gebote werden allerdings auch oft als angeberisch abgelehnt
Siehe auch hier ]
In der unterschicht müssen beide eltern tagsüber arbeiten, manchmal in zwei verschiedenen jobs, ohne arbeitsplatzgarantie, und wenn sie abends nach hause kommen, sind sie erschöpft und können ihren kindern nichts geben. Die kinder wiederum fühlen sich unerwünscht und fragen sich, wer eigentlich für sie zuständig ist .... Benjamin Franklins erben haben die leiter des wirtschaftlichen erfolgs so hochgezogen, dass die unterste sprosse nun ausser reichweite ist.
[Franklin represents one side of a national dichotomy that has existed since the days when he and Edwards stood as contrasting cultural figures. On one side are those, like Edwards and the Mather family, who believed in an anointed elect and salvation through grace. They tended to have religious fervor, a sense of social class and hierarchy, and an appreciation of exalted values over earthly ones. On the other side were the Franklins, who believed in salvation through works, whose religion was benevolent and tolerant, and who were unabashedly striving and upwardly mobile.
Out of this grew many related divides in the American character, and Franklin represents one side: pragmatism versus romanticism, practical benevolence versus moral crusading. He was on the side of religious tolerance rather than evangelical faith. The side of social mobility rather than an established elite. The side of the middle-class virtues rather than aristocratic aspirations.[p14f] .... He explained this [stepping back from his business to devote himself to philanthropy, community projects and civil works] in a letter to his [good Calvinist Puritan] mother, which ended with the wonderful line “I would rather have it said, ‘He lived usefully,’ than, ‘He died rich.’”[p5]
.... Only Franklin signed all three of the fundamental documents of American statehood: the Declaration of Independence, the peace treaty with Great Britain, and the U.S. Constitution .... Franklin's final belletristic writing, less than a month before his death, parodied a speech that Georgia's congressman James Jackson had made on the necessity of slavery.[p52]
Walter Isaacson (p5, p14f) and J.A. Leo Lemay (p52) in Page Talbot (editor), Franklin - In Search of a better World, Yale University Press, New Haven and London 2005]
Die menschen, die in den ghettos leben, aber auch angehörige der arbeiterklasse oder der unteren mittelklasse, können sich recken und strecken wie sie wollen, sie erreichen die unterste sprosse nicht. Die leiter wird für die angehörigen der internationalen führungsschicht und wenige andere herabgelassen.
Der abbau von sozialprogrammen bedeutet für die schwarze bevölkerung, dass die leiter immer mehr aus ihrer reichweite gerät. Der trick der medien besteht darin, die aufmerksamkeit von denen fernzuhalten, die die leiter hochziehen, und die kamera bevorzugt auf die zu richten, die sich darum balgen, eine sprosse zu erhaschen.
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Die verwirrenden, widerstreitenden tendenzen innerhalb der kindlichen gesellschaft zeigen sich deutlich in der ironie, dass Ronald Reagan, ein in jeder hinsicht schlechter vater, der ausserstande war, für irgendeinen wichtigen ``traditionellen wert'' auch nur einigermaßen überzeugend einzustehen, unter dem deckmantel der familie zum repräsentanten eines schrankenlosen erwerbstriebs werden konnte.
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Bekanntlich waren skrupellose kapitalisten lange zeit ein fester faktor des amerikanischen lebens. Aber Andrew Carnegie, um nur einen zu nennen, fühlte sich dennoch der nation verpflichtet und richtete tausende büchereien in großen und kleinen städten ein. Die heutigen multis kennen eine solche verpflichtung nicht, und dieser mangel an loyalität ist ein typisches phänomen der kindlichen gesellschaft.
Die manager multinationaler unternehmen fühlen sich gegenüber keinem bestimmten land verpflichtet ....
Der präsident der NCR Corporation sagte gegenüber der New York Times: ``neulich wurde ich gefragt, wie ich über die wettbewerbsfähigkeit der USA denke und ich habe geantwortet, dass ich überhaupt nicht darüber nachdenke.''
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Zwischen 1950 und 1979 stieg die rate der schwerverbrechen, die von kindern begangen wurden, um 11 000 prozent. Und wir wissen, dass bei der männerkriminalität die meisten kriminellen handlungen von tätern zwischen 13 und 24 begangen wurden.
Das haupthindernis, das einem normalen, gewaltfreien leben überall in der welt entgegensteht, ist das problem der sozialisation junger männer. In Kenya ordnete die regierung vor fünf jahren an, dass in den dörfern keine initiationen mehr durchgeführt werden sollten, statt dessen würden nun alle jungen zur schule gehen. Zwei jahre darauf kam es zu einem für Kenya unerhörten vorfall, als eine gruppe junger männer in einen schlafsaal eindrang und mehrere junge frauen vergewaltigte. In Neuguinea, wo die initiation ebenfalls nicht mehr praktiziert wird, soll es nun jugendlichenbanden geben, die das land unsicher machen.
Es ist nicht aufgabe der frauen, junge männer zu sozialisieren. Es ist die aufgabe älterer männer oder, von einem anderen standpunkt betrachtet, die aufgabe der ganzen kultur.
[Die Motivation zu kriminellem Verhalten entsteht nicht erst in der Pubertät, sondern in den zerstörerischen Erfahrungen in Familien, denen die Gesellschaft ein "normales" Funktionieren nicht erlaubt. Der emotionale Austausch der Familienmitglieder in vielen Unterschichtsfamilien ist durch die soziale Belastung häufig so gefährdet, dass die Entwicklung zum Kriminellen wie unter Zwang abläuft. Die Mythologie des individuellen Defekts erweist sich, angesichts der in diesem Buch geleisteten Verknüpfung von Erziehungsschicksal und sozialer Schicht, als die pure Ideologie. Kriminalität ist ein sozialer Defekt, der sich, über die Agentur der Familie, zielsicher seine "Opfer" sucht: an der sogenannten Basis unserer Gesellschaftspyramide.
Erst langsam lernen wir, die Verantwortung zwischen Abweichenden und Gesellschaft anders zu verteilen.
mehr siehe
hier

Aus dem Einbandtext von Tilmann Moser; Jugendkriminalität und Gesellschaftsstruktur - Zum Verhältnis von soziologischen, psychologischen und psychoanalytischen Theorien des Verbrechens; Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1970
mehr siehe hier ]

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Große literatur verlangt von uns, dass wir hohn und gelächter in zaum halten. Wir können unsere lebenskraft nicht bewahren, wenn wir den opfergefühlen nachgeben - selbstmitleid, passivität, schuldzuschreibungen, forderungen nach ausnahmeregelungen, ständige ansprüche auf staatliche leistungen, da man ja schlechter dran sei als der nachbar.
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In dieser neuen, auf den ruinen der gesellschaft der leser errichteten kindlichen gesellschaft, trauern nur wenige menschen. Wenn wir trauern könnten - über Iphigenie, die für die günstigen winde gestorben ist; über die weisheit, die auf den internet-highways und wegen der vom fernsehen angerichteten schäden an den gehirnen unserer kinder verschwunden ist; über die großeltern, die wir aus unachtsamkeit, und über die eltern, die wir wegen unserer großen enttäuschungen verloren haben - wenn wir diese stufen der trauer hinabsteigen würden, dann fänden wir vielleicht einen weg aus der seichtheit unserer gegenwärtigen kultur.
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Wie das fernsehen, die filmindustrie und das musikgeschäft wird auch die werbebranche von den jungen für die jungen geführt. Ältere menschen gibt es fast nicht mehr. Die vertiefung und gleichzeitig die erhebung der psyche, einst das besondere verdienst der älteren männer und frauen, gehört nicht mehr zu den aufgaben des von geschwistern geführten unternehmens. Die immer raschere, überhastete college-ausbildung als vorspann zum geschäft hat zur folge, dass viele männer und frauen ihren abschluss machen, ohne je die ``anderen welten'' oder tiefere sinnschichten kennengelernt zu haben. ....
Die New Yorker kunstwelt hat schon vor dreissig jahren vor der seichtheit der kindlichen gesellschaft kapituliert. Die hoffnungsvollen jungen männer und frauen Hieronymus Boschs, die riesige erdbeeren tragen, verwandeln sich in eine eintönige rote wand. Die beiden wildgänse, die allein in die andere welt fliegen, kommen dort nicht an.
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Ein symbol zu lesen heißt, an ihm entlangzugehen, bis man in die welt eintritt, in der keine irdischen ereignisse mehr geschehen. .... Der grundgedanke des rituals klingt für uns fremd: wenn etwas in der anderen welt geheilt wird, wird auch in dieser welt etwas geheilt. Von daher lässt sich sagen, dass der gemeinsame kern der mythischen bilderwelt und der rituellen praxis darin besteht, dass wir zwei chancen haben, etwas zu vollbringen. .... Wenn Shiva in der anderen welt Ganesha den kopf abschlägt, heisst dies, dass dieser gewaltakt im diesseits nicht geschehen muss. .... Darzustellen, was geschieht, ohne jemandem die schuld zu geben, ist das geschenk einer mythischen geschichte.
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Die kindliche gesellschaft ist fast die reine antithese zu einem tibetischen kloster. Wir haben so lange bier getrunken, dass wir den geschmack echten weines fast vergessen haben.
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Die überzeugung der amerikanischen ureinwohner, dass man vor jeder entscheidung deren folgen bis in die siebte generation hinein überdenken solle, ist vertikales denken .... Vertikale aufmerksamkeit erfordert die fähigkeit oder zumindest das verlangen, nach unten zu blicken; oder die fähigkeit, nach oben zu schauen, zu den sternen, zu den energien jenseits der sterne, zu den engeln. Ein problem der kindlichen gesellschaft besteht darin, dass sie in ihrem heftigen bemühen, sich von hierarchien zu lösen, unabsichtlich alles vertikale verlangen meidet.
Es ließe sich sagen, dass das vertikale verlangen mit gefühlen zu tun hat, und hierarchien mit macht. Die katholische kirche übernahm die machthierarchien des römischen reiches oder passte sich ihnen an, und wirft diese beiden elemente - verlangen und hierarchie - seither unablässig zusammen. Sie hat alles durcheinander gebracht.
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Wir müssen erkennen, dass Bosnien, Ruanda, Somalia und Kambodscha heute kindliche gesellschaften sind. In Kambodscha wurden die alten, lehrer, priester, journalisten und künstler gezielt umgebracht. Dies zu tun, erfordert eine menge zorn. Dieser zorn entstand in den jungen menschen und führte zum tod von millionen vätern, müttern, onkeln und lehrern. Jene, die noch leben, hegen nun zorn wegen der morde.
Unsere kindliche gesellschaft wurde mit unterschiedlichen mitteln geschaffen, doch einhergehend mit dem wachsenden zorn der jugend wurden die älteren allerorten auf vergleichbare weise beseitigt.
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Die kindliche gesellschaft hat sich für den bruder-bruder-weg und den schwester-schwester-weg (und nicht für den eltern-kind-weg) entschieden.
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In gewisser hinsicht sagen wir in dieser kultur zu allem ja, nur nicht zu erwachsenen menschen .... Die wachsende abneigung von menschen gegen menschen konzentriert sich heute in der vernachlässigung der kinder.
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Niemand kann sich zu energischen schritten entschließen oder bewunderung für Beethoven, Freud, Mutter Theresa oder den eigenen ehepartner empfinden, weil wir- vielfach gehemmt und durch hunderte von spiegeln der sicht auf den horizont beraubt - nichts konstantes ausser dem neid kennen. Nur der dankbare blick nach oben bricht den bann der spiegel ....
Wir können sagen, dass die einzige macht, die männer und frauen über den anderen haben, nun in der gleichgültigkeit besteht.
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Wirklich erwachsen ist derjenige, der es verstanden hat, sein inneres feuer, das auch das besondere feuer seiner generation einschließt, zu bewahren, so dass er nun gegenüber der jungen generation etwas anzubieten hat. Wir können sagen, dass der zu den ältesten gehört, der sein feuer nicht nur bewahrt, sondern es auch vermehrt hat.
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Robert Bly, Die kindliche Gesellschaft, Über die Weigerung, erwachsen zu werden, Knaur, München, 1998
(Original `The Sibling Society', 1996)






Vom Aufenthaltsort der verloren gegangenen Eltern
Von der manipulativen und sonstigen Macht des Fernsehens
Von den Ursachen der Kostenexplosion im Gesundheitswesen
Watching for Columbine

Der gefrorene Blick: Rainer Patzlaff

Das Fernsehen hat aus dem Kreis der Familie einen Halbkreis gemacht (Françoise Sagan).

Einer der historischen Herausgeber einer britischen Boulevardzeitung hatte ehemals über seinem Schreibtisch ein gerahmtes Schild aufgehängt. Und da stand nur ein Satz und der hieß: Es ist zehn. Und damit war nicht die Uhrzeit, es war das geistige Alter des Publikums gemeint. Und jeder Satz in seiner Zeitung musste sich an der Maxime messen, dass er von einem Zehnjährigen verstanden werden müsse. Das ist die Voraussetzung, die auch das Fernsehen stellt. Es ist ein Medium der Unterforderung.

Wenn wir uns das alles abgewöhnen, diese Form des Sprechens, diese Form, uns zu informieren, diese Form, fremde Länder zur Kenntnis zu nehmen, ihre Probleme mitzudenken, diese Form des ästhetischen Gestaltens, dann die Nacht noch dazu, dann noch die schwarzhaarigen Frauen: dann ist die These, dass das Fernesehen besser beschreibbar ist durch das, was es zum Verschwinden bringt, als durch das, was es zur Erscheinung bringt, einigermaßen plausibel.
(Roger Willemsen, Das blinde Medium - Rede zur Lage des Fernsehens, Tübingen 2011, Institut für Medienwissenschaft)

... Eine amerikanische forschergruppe untersuchte 1979 die zahl der saccaden [Anm v menkaura: sprung des auges zwischen fixationspunkten beim betrachten eines bildes ] beim fernsehen und stellte eine massive verringerung der augenaktivität fest: während einer 15minütigen fernsehsitzung (thema war eine Hollywood-show) fanden bei allen versuchspersonen in einem zeitraum von 20 sekunden nur 5 bis 7 saccaden statt. Verglichen mit den 2 bis 5 saccaden pro sekunde beim freien umherblicken in einer natürlichen umgebung (was in 20 sekunden eine frequenz von 40 bis 100 saccaden ergeben würde) bedeutet das einen rückgang um durchschnittlich 90 prozent ....
.... selbst eine buch bietet dem auge beim lesen noch ein fünfmal so großes feld ....
Geht aber die augenaktivität gegen null, überträgt sich die starre der augen auf den ganzen körper, und selbst bewegungsfreudigste kinder sitzen stundenlang still. Ärzte nennen das bewegungsstau - eine grob verharmlosende formulierung, die uns fragen lässt, ob hier nur gedankenlosigkeit oder bewusste irreführung vorliegt ....
Dieser zustand hat eine nähe zur trance

Bei allen kindern wurde eine verringerung des grundumsatzes um rund 12 bis 16 prozent gegenüber dem ausgangswert gemessen, im schnitt knapp 14 prozent. Mit anderen worten: obwohl sich der körper schon vor dem fernsehen im zustand absoluten nichtstuns befand, sank der kalorienverbrauch durch den blick auf die mattscheibe nochmals, und diesmal erheblich, ab .... gleichzeitig aber greift man gerne zu äusserst kalorienhaltigen snacks und süßigkeiten

Eine arbeitsgruppe um Axel Mattenklott inszenierte 1991 im TV-studio der universität Mainz mit 32 zuhörern eine zwölfminütige podiumsdiskussion über das damals gerade aktuelle thema >>Einführung der pflegeversicherung<<. Es diskutierten zwei angebliche experten, die in wirklichkeit schauspieler waren und von den versuchsleitern genau instruiert waren, wie sie sich verhalten sollten .... moderiert wurde die diskussion von einer bekannten fernsehredakteurin .... anzahl und stärke der argumente .... (insgesamt 16) .... im gleichgewicht .... verfassten .... drehbuch ....
Da die diskussion mit mehreren kameras gefilmt wurde, konnten verschiedene fassungen hergestellt werden .... unterschieden sich dadurch, dass in dem einen film sprecher A, in dem anderen film sprecher B dreimal in großaufnahme gezeigt wurde. Ferner hob die kamera in der einen fassung die (gespielt) nervösen fingerbewegungen von A hervor, in der anderen die von B. Zusätzlich wurden an bestimmten stellen, wiederum wechselweise, die positiven oder die negativen zuschauerreaktionen eingeblendet.
Das ergebnis war erstaunlich: gefragt nach der souveränität der beiden kontrahenten, bewerteten diejenigen personen, die die diskussion im studio mit eigenen augen erlebt hatten, beide fast gleich; A wurde ein wenig schwächer eingestuft. Die fernsehzuschauer hingegen, deren blick von der kamera geführt wurde, sprachen A die größere souveränität zu, wenn er in ihrere fassung gezoomt worden war (dreimalige großaufnahme des gesichtes). Umgekehrt wurde A als weitaus schwächer eingestuft, wenn B in großaufnahme erschien.
Ähnlich .... wenn die kamera die nervös spielenden finger mit dem zoom heranholte ....
Besonders pikant war, was sich bei der wirkungsprüfung der eingeblendeten zuschauerreaktionen herausstellte: Die im studio anwesenden zuschauer hatten die (von den veranstaltern bewusst inszenierten) nonverbalen reaktionen einzelner gäste miterlebt und glaubten nicht, dass die anderen anwesenden dadurch in ihrer meinung beeinflusst worden seien. Spielte man jedoch einer anderen gruppe eine filmfassung vor, in der positive zuschauerreaktionen eingeblendet waren, dann glaubten die zuschauer sicher zu wissen, dass dies die meinung der anderen zuschauer beeinflussen werde - ein bemerkenswerter befund: von den anderen glaubt man, dass sie durch das fernsehen leicht beeinflussbar seien, man selbst hält sich für völlig unbeeinflusst! Oder in der sprache des berichtenden wissenschaftlers: >>Die probanden schreiben sich selbst kritikfähigkeit zu, die sie vor persuasionsversuchen schützt, nicht aber den anderen rezipienten.<< ....
[Anmerkung von menkaura:
Dies zeigt aber auch das (unterschwellige) wissen des zuschauers um die macht der übergeordneten autorität des fernsehens]
Dies ergebnis ist umso bemerkenswerter, als es sich bei den versuchspersonen durchweg um studentinnen und studenten handelte ....
Wenn man bedenkt, in welch hohem maße moderne demokratien heute bei allen sachlichen und personellen entscheidungsprozessen auf die massenmedien angewiesen sind und welch eine überragende rolle dabei das fernsehen spielt, dann müssen wir uns die frage gefallen lassen, ob wir nicht längst in einer scheindemokratie leben, in der die bürger mit der illusion völliger mündigkeit in umso größerer unmündigkeit gehalten werden ....
[``Der Durschnittszuschauer wähnt sich unterrichtet, während er in Wahrheit auf unterhaltsame Weise nichts erfährt''
Jürgen Leinemann, Die Staatsschauspieler, Der Spiegel 39/2004 p142
``Er [Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl] nutzte vor allem die privaten sender - die `unseren' wie sie im Kanzleramt zu sagen beliebten - als Machtinstrumente, um seine Weltdeutungen unter die Leute zu bringen.'' ebenda p150]

Der elektronische hausaltar .... 1948 zählte man in den USA noch keine 100000 geräte; nur zwölf jahre später war mit 150 Millionen geräten bereits eine flächendeckende versorgung der gesamten bevölkerung erreicht .... ähnlich schnell in anderen ländern .... ein beispielloser siegeszug ....
Von anfang an wurde dem fernsehen nicht mit jener sachlichkeit und nüchternheit begegnet, die wir sonst bei technischen geräten für selbstverständlich halten .... eine geradezu mythische verklärung fand statt, indem man als realität ansah, was nur eine vage hoffnung war. Das fernsehen, so meinte man euphorisch,
- erlöse den einzelnen aus seiner sozialen isolation
- werde im alltag große zeitersparnis bringen
- zeige den menschen die welt, wie sie wirklich ist
- werde den volksmassen immer mehr information erschliessen
- werde die bildung der gesamtbevölkerung entscheidend heben
- werde die unterschiede zwischen den sozialen schichten einebnen
- werde aktivierend auf die kognitiven fähigkeiten der zuschauer wirken
- werde den kindern bessere schulische leistungen ermöglichen
- werde das verständnis für politik fördern und die demokratie stärken
Die medienwirtschaft hat sich zunächst nicht sonderlich bemüht, diesen nebel frommer wünsche zu lichten .... internationalen forschung .... Das resultat war deprimierend, denn keine der hoffnungen hat sich erfüllt. Ganz im gegenteil:
- Die einsamkeit wächst ... 1996 äußerten bei befragungen 57 prozent der deutschen wachsende befürchtungen hinsichtlich der auswirkungen neuer medien auf die menschliche kommunikation ....
- Die zeitfalle: stress statt mehr zeit .... der vermeintliche genuss sich am ende als unbeabsichtigte zeitvernichtung und zeitvergeudung entpuppte ... Eine generation von fast-food-medienkids wächst heran
- Unwirklichkeit und angst .... Der tägliche kampf um die quoten lässt den redakteuren gar keine andere wahl .... >>Die eigentümliche konsequenz dieser orientierung am anormalen liegt darin, dass dadurch praktisch dieses anomale normalisiert wird, es als die regel erscheint und damit die wirklichkeit auf den kopf gestellt wird<< ....
- Die lesekultur geht zurück .... der stellenwert der buchlektüre in den letzten eineinhalb jahrzehnten in allen untersuchten gruppen deutlich gesunken .... Kinder, denen man erzählt hat und die frühzeitig an das lesen herangeführt werden, entwickeln nicht nur das größere sprachvermögen, sondern auch präzisere bilder von der welt. Die aktiven leser erweisen sich auch als die aktiven denker ....
- Je mehr fernsehen, desto weniger wissen .... Der Spiegel 1994 .... festgestellt, dass (außer beim sport) durchgängig das wissen umso geringer ist, je länger man fernsieht .... Die bilder-folge suggeriert bereits ein >>verstehen<<, da braucht man sich um die meist abstrakten worttexte nicht mehr zu bemühen .... So verhindert fernsehen echte wissensaufnahme gerade durch das, was an ihm am meisten geschätzt wird: durch lebensnah erscheinende bilder
- Die soziale kluft vergrößert sich .... Die bevölkerung mit der geringen bildung bevorzugt das fernsehen, diejenige mit höherer bildung zeitung, zeitschrift, buch .... vielleser verfügen über eine deutlich höhere medienkompetenz als vielseher ....
- Eine mehrheit von medien-anaphabeten .... Der konsument sieht nur noch das, was er längst kennt, und erfährt dabei das, was er ohnehin schon weiß ....
- Vielsehen verschlechtert schulische leistungen ....
- Statt politischer mündigkeit wachsende manipulierbarkeit .... Noelle-Neumann konnte 1981 anhand von demoskopischen langzeitstudien nachweisen, dass zwischen 1952 und 1981 das interesse für politik in der bevölkerung von 27 prozent auf 50 prozent angewachsen war, gleichzeitig aber das aktuelle politische wissen .... unverändert auf dem stand von 1952 blieb .... >>.... mehr beteiligte gefühle ohne wissen, das bedeutet leichtere manipulierbarkeit.<< ....

Denn aus den inzwischen zahlreich vorliegenden internationalen untersuchungen zum fernsehverhalten geht eines klar hervor: wer seinen fernsehkonsum bewusst in maßen hält, sich seine programme gezielt aussucht und souverän mit der >>Aus<<-taste umzugehen weiß, der bringt in der regel eine voraussetzung mit, die anderen abgeht: er verfügt über höhere bildung! Diese bildung aber hat der betroffene nicht vom bildschirm gelernt, sondern außerhalb des fernsehzimmers, durch völlig anders geartete tätigkeiten .... Seine medienkompetenz wurde also nicht am, sondern gegen das medium erworben ....
Längst wird heute von offiziellen gesundheitsorganisationen wie der WHO das extensive fernsehen zu den suchtkrankheiten gezählt ....

Die amerikanische forschung hat große sorgfalt darauf verwendet, dass diese bildschirmbotschaften die essgewohnheiten von kindern und erwachsenen tatsächlich beeinflussen. So wurde 1990 herausgearbeitet, dass eine signifikanter zusammenhang besteht zwischen fettsucht und fernsehkonsum ....

Der amerikanische militärpsychologe Dave Grossman hat 1999 die Öffentlichkeit eindringlich darauf hingewiesen, dass >>durch gewaltdarstellungen in den massenmedien und, viel dramatischer, durch gewaltgetränkte interaktive videospiele<< teenager und kinder genau denselben mechanismen ausgesetzt werden, die berufssoldaten zum töten konditionieren. Er schrieb dazu: >>Bevor ich aus dem militärdienst ausschied, verbrachte ich fast 25 jahre als aktiver infanterieoffizier und psychologe, dessen aufgabe es war, menschen zum töten fähig zu machen - eine aufgabe, in der wir es sehr weit gebracht haben. Aber: die fähigkeit zu töten kommt nicht von selbst, sie ist nichts natürliches. Töten muss man lernen. Mir ist heute klargeworden: genauso, wie wir beim militär menschen konditioniert und trainiert haben, damit sie töten können, lassen wir es - völlig kritiklos und blind - unseren kindern widerfahren.<< Als entscheidende bedingungen für diese konditionierung nennt er brutalisierung und desensibilisierung . Beide werden durch gewaltdarstellungen von kindesbeinen an gefördert ....
Nach dem unglück in Jonesboro .... >>.... Das US-fernsehen verschweigt meine geschichte. Es kennt seine schuld und will eingriffe in seine hoheit verhindern. Nichts bleibt vor den suchenden augen der TV-kameras heute noch versteckt - außer ihrem eigenen schädlichen einfluß auf kinder.<< .... Ist die willenslähmung schon so weit vorangeschritten, dass selbst katastrophen uns nicht mehr wachrütteln?
[In einem interview mit dem `Greenpeace Magazin 1/2004' sagt David Grossman:
"Interessanterweise zeigen historische Dokumente jedoch, dass Soldaten zwar bereitwillig auf unsichtbare Ziele feuern, aber nicht auf Menschen. Im amerikanischen Bürgerkrieg hat die Mehrzahl der Beteiligten bewusst über die Köpfe ihrer Gegner gefeuert; die meisten Toten fand man mit geladener Waffe. Sogar im zweiten Weltkrieg betrug der Anteil der Soldaten, die mit tödlicher Absicht auf den Gegner schossen, nur zwischen 15 und 20 Prozent. Erst später stieg diese Quote: In Korea betrug sie 55 Prozent, in Vietnam 90 Prozent. In diesem Bereich bewegen wir uns auch heute. Früher hingegen konnten Soldaten oft nicht einmal durch Drohungen und Prügel zum Töten gebracht werden. .... Zwei Monate nach der Landung in der Normandie 1943 waren 98 Prozent aller US-Soldaten psychisch krank. .... Von jeher wurden Krieger nach der Schlacht einem Ritual der Reinigung unterzogen, um ihre Blutschuld zu tilgen. Nach Vietnam hat Amerika einer ganzen Generation von Soldaten diese Anerkennung verweigert .... Etwa 150.000 Vietnam-Veteranen haben sich das Leben genommen - dreimal mehr, als während des Krieges gefallen sind. Man muss bedenken, dass die Rekruten damals im Durchschnitt 19 Jahre alt waren. Junge Menschen lassen sich zwar leichter motivieren zu töten, sie können jedoch schwerer mit dem Erlebten umgehen. .... Für einen 12-jährigen sind diese Videospiele, um im Bild zu bleiben, wie Porno. .... Wir haben es mit einem Virus zu tun, der sich zur Epidemie ausbreiten wird, wenn Medien und Unterhaltungsindustrie nicht reagieren. .... "]

Bei wiederholter Übung wird vor allem deutlich, dass dem medium fernsehen bei der Übermittlung komplexer sachverhalte grundsätzliche schranken gesetzt sind. Gedankliche zusammenhänge darzustellen ist im medium des bildes viel schwerer als im medium des wortes, ja oft sogar ganz unmöglich

Zu allem tritt auch noch die bewegungslosigkeit hinzu, in die das kind durch den bildschirm gezwungen wird, und sie allein schon wäre problematisch genug, da alle infrage kommenden körper- und gehirnfunktionen sich nur durch bewegung ausbilden können. Bewegung ist das lebenselement des kindes. Wer sie abschaltet, beraubt das kind seiner wichtigsten tätigkeit. Deprivation nennen die wissenschaftler einen solchen entzug, eine >>beraubung<<, und sie hat in diesem alter so schwerwiegende folgen, dass sie als eine form von gewaltanwendung bezeichnet werden muss

Alle intensiveren oder wiederholten lernprozesse führen im nervensystem zu wachstums- und organisationsvorgängen mit ausbildung von neuen verbindungen zwischen sinneszellen und hirngebieten .... Die menschlichen tätigkeiten schlagen sich also unmittelbar in der neubildung von nervenverzweigungen nieder und verankern sich dadurch als fähigkeiten in den gehirnstrukturen. Diese erstaunliche >>plastizität<< des gehirns geht zwar nie ganz verloren, doch gibt es phasen der bildbarkeit, die so nicht wiederkehren ....
[Der Spiegel No 43 vom 20oct03 schreibt im artikel `Die Geburt der Intelligenz':
Erstmals beobachteten Forscher am Massachusetts Institute of Technology diesen für das Lernen so wichtigen Selbsterfahrungsmechanismus an einem Versuch mit zwei jungen Kätzchen. Sie ließen die Tiere in Dunkelheit aufwachsen und setzten sie dann in ein beleuchtetes Drehkarussell: Eines hatte die Pfoten auf dem Boden und trieb die Gondel durch Laufen an, das andere kreiste ohne eigenes Zutun. Obwohl beide Tiere den gleichen Ausschnitt der Welt erblickten, lernte nur das aktive Kätzchen, richtig zu sehen und sich im Raum zu bewegen. Das andere blieb nahezu blind.
Ein ähnliches Schicksal können Kinder mit einer Hornhaut- oder Linsentrübung erleiden. ``Werden sie nicht frühzeitig behandelt, bleibt wie bei den Kätzchen die Informationsaufnahme gestört'', erklärt Singer. ``Das Auge erhält keine strukturierten Signale, die Netzhaut ist nur spontan aktiv, und die neuronalen Verbindungen, die das Sehen ermöglichen, verstärken sich nicht.'' Nach einigen Tagen werden sie vernichtet und wachsen nie wieder nach. Das Kind bleibt ein Leben lang blind.]

.... zeigen .... untersuchungen deutlich, dass häufiges fernsehen kleine kinder dem ernsthaften risiko aussetzt, keine bedeutsamen kenntnisse von der welt zu erwerben und geringere lesefähigkeit, geringere fähigkeit, wirklichkeit und fantasie zu unterscheiden, geringere vorstellungskraft, eine furchtsamere weltsicht und größere ruhelosigkeit bei mehr aggression zu entwickeln. Dies alles führt zu einer mangelnden verhaltensanpassung, wenn das kind in die schule kommt ....

Werbung beispielsweise ist für sie bis zum alter von fünf bis sieben jahren noch genauso real wie das übrige programm; erst mit acht bis zwölf jahren stellt sich die fähigkeit ein, die werbeabsicht zu durchschauen

So viel bedeutung die eltern der fernsehinformation für ihre sicht von der welt und des lebens in ihr zumessen, so viel hat sie auch für die kinder .... Das kind braucht, wie jeder lehrling auch, zunächst die orientierung am erwachsenen, und je mehr der dem kind an sachlicher kompetenz, an weitsicht und reichtum der aspekte zu bieten hat, desto besser für das kind. Denn wirklich zu >>sehen<<, was man sieht, das ist eine kunst, die erst einmal gelernt sein will
[``Während seiner Amtszeit propagierte er [Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt] ganz altmodisch einen fernsehfreien Tag in der Woche. Er habe sich tatsächlich Sorgen gemacht, dass das Gespräch in der Familie verkümmere, sagt sein früherer Pressesprecher Klaus Bölling heute''
Jürgen Leinemann a.a.O. p147 ]

>>Beim vergleich der daten über spielverhalten und fernsehkonsum stellten wir fest, dass diejenigen, die am wenigsten fernsahen, die meiste fantasie besaßen.<< .... Vielseher erbringen nachweislich deutlich schlechtere schulleistungen als wenigseher

Wir müssen davon ausgehen, dass der >>abkoppelungsprozess eines (im durchschnitt) guten drittels der bevölkerung vom lesen ein durchgängiges phänomen der OECD-gesellschaften ist<<, schreibt Helmut von der Lahr. Von der verheißenen chancengleichheit für alle kann mithin keine rede sein ....
[Das ergebnis der PISA studie 2000 passt dazu]
[Klaus Schroeder (*1949), Professor für Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin, Gespräch zur sozialen Lager der Nation `Reichtum wird überschätzt' .... `Das heißt freilich nicht, dass nicht auch die Oberschichten von Umverteilung profitieren können. Wenn jemand ein- oder zweimal pro Woche in die Oper geht, wird er unter Umständen mit einem höheren Betrag subventioniert als ein sozialhilfeempfänger.'
.... `Wir haben mehr kulturelle als materielle Armut. Und wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es eine wachsende Gruppe von Menschen gibt, die es gut finden, tagsüber Krawall-Talkshows zu schauen, Bier und Schnaps zu trinken und dabei zwei Schachteln Zigaretten zu rauchen. Für mich mag das erschreckend sein, aber in einer liberalen Gesellschaft muss ich akzeptieren, dass es verschiedene kulturelle Ausdrucksformen gibt.'
`brand eins' Heft 02/2007 pp88ff]
Wo immer sich junge leute vergnügen, sind sie zum schweigen verdammt - im kino, im open-air-konzert, in der disco, beim video, vor dem fernseher und dem computer. Sie werden bis zur bewusstlosigkeit beschallt, es wird auf sie eingeredet - nur selbst etwas sagen: das brauchen, dürfen sie nicht ....
So war die zahl der schüler an sprachbehindertenschulen in Nordrhein-Westfalen von 1986 bis 1993 um 58 prozent gestiegen .... Bestätigung .... 1996 durch eine umfangreiche untersuchung von Jörg Doleschal und anderen an 1641 Bochumer kindergartenkindern, von denen 25 prozent artikulationsstörungen aufwiesen und 43 prozent ein defizitäres sprachverständnis ....
Die englische gesellschaft für sprachgeschädigte kinder ließ 1996 verlauten, bereits jedes dritte kind in England sei >>sprachlich auffällig zurückgeblieben<<. Erhebungen in Bulgarien 1998 ergaben 21 bis 27 prozent sprachstörungen im vorschulalter ...
[Hier muss eine reelle reform des gesundheitswesens ansetzen]

Rainer Patzlaff, Der gefrorene Blick, Physiologische Wirkungen des Fernsehens und die Entwicklung des Kindes, 2. Auflage, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart, 2000






Zum Verhältnis von soziologischen, psychologischen und psychoanalytischen Theorien des Verbrechens

Jugendkriminalität und Gesellschaftsstruktur: Tilmann Moser
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1970


Anmerkung:
Folgendes entstammt oder betrifft Untersuchungen und Ergebnisse früherer Autoren
Siehe insbesondere aber auch hier

Teil I: Jugendkriminalität und soziale Chancen
Kapitel I: Sozialstrukturelle Kriminalitätstheorien

p22: .... bei fast allen amerikanischen Forschungsansätzen die Überzeugung, dass Kriminalität sozial bedingt ist. Anlagetheorien sind nie zur Geltung gelangt. Deshalb sind die Theorien auch getragen von der Gewissheit der Verantwortung der Gesellschaft.
p27: Grundhypthese dabei [bei Merton 1957] ist, "dass abirrendes Verhalten soziologisch betrachtet werden kann als ein Symptom der Dissoziation zwischen kulturell vorgeschriebenen Bestrebungen".
p32: Die Kultur der Bande löst dieses Problem, indem sie Statuskriterien schafft, nach denen diese Kinder und Jugendlichen zu leben imstande sind [Cohen p91]

Kapitel II: Das Verhältnis von Anomie und Normen
....
Kapitel III: Die empirische Kritik an den soziologischen Theorien der jugendlichen Bandenkriminalität

p78ff: Die Bande ist eine Sackgasse, in die hinein ein langer Weg der Benachteiligung auf mehreren Ebenen mündet (Short und Strodtbeck verweisen auf die in den meisten Fällen schmerzlich lange Vorgeschichte des Schulversagens), und aus der nur für wenige ein mühsamer Weg herausführt: "Die Misserfolge, zusammen mit den begrenzten sozialen und technischen Fähigkeiten und den blockierten Möglichkeiten, stellen ein überwältigendes Hindernis dar für das Erreichen der Ziele, die sie sich eigentlich vorgenommen haben." (S.230)
.... da die Jungen weitgehend emotional geschädigt sind, sind sie zu gegenseitigem warmherzigen und stützenden Verhalten unfähig; sie finden sich in ihren im Bandenkontext drängender werdenden emotionellen Bedürfnissen enttäuscht. Dies erhöht die Aggressionen, die eine Verstärkung außerdem noch dadurch erfahren, dass die Angst vor emotionaler Abhängigkeit gleichzeitig dauernd durch aggressives, die persönliche Autonomie betonendes Verhalten bekämpft werden muss.
Die einzige Form, überhaupt in emotional nahen und befriedigenden Kontakt zu kommen, ist die Schaffung solidaritätserzeugender Gefahrensituationen.

Kapitel II: Zum Verhältnis von Normen und Verhalten
p87: Die These der soziologischen Theoretiker der Jugendkriminalität, der Druck der sozialen Anomie führe durch das Entstehen krimineller Subkulturen auch zur Entwicklung krimineller Normen, ist empirisch bis auf Nuancen widerlegt worden. Es ließ sich nicht zeigen, dass delinquente Jugendliche sich an verbalisierbaren kriminellen Normen orientieren.
p97: Die Autoren [Reckless, Dinitz und Kay] nehmen an, dass das positive Selbstbild wie das positive Bild, das die enge Umgebung von den [nicht delinqenten] Jungen hat, sie wie eine schützende Hülle umgibt.

Teil II: Jugendkriminalität und Sozialisationsprozesse

p104ff: "Besonders bemerkenswert war der Befund, dass die Beziehungen der Delinquenten aus dem Gebiet der Diebstahlssubkultur zu ihren Eltern am wenigsten kooperativ von allen waren." [Spergel 1964]
"Belastete Beziehungen zwischen Eltern und Jugendlichen, Mangel an angemessener elterlicher Liebe und Aufsicht ebenso wie soziales und wirtschaftliches Elend (deprivation) korrelieren mit delinquenter Anpassungsform." [Spergel 1966]
"Wir haben vorgeschlagen, dass ein anderer und möglicherweise nützlicherer Ansatz der wäre, Anomie als ein Nebenprodukt des Sozialisationsprozesses zu sehen, als ein Zeichen des Scheiterns der Sozialisation und der Mittel, mit denen sie vollzogen wird, nämlich Kommunikation, Interaktion und Lernvorgänge." [McClosky und Schaar 1965]

Kapitel V: Kriminalität und Familie

p113f: Stark unterschiedlich sind die Erziehungspraktiken: Während die Delinquenten von ihren Müttern zu 56,8% lax, 36,6% regellos wechselnd (erratic) und 4,2% mit freundlicher Bestimmtheit (firm but kindly) erzogen wurden, lauten die Zahlen für die Nichtdelinquenten 11,7% lax, 21,1% erratic und 65,6% firm but kindly (S. 131). Für die Väter ergibt sich:
Delinquente: lax 26,6   erratic 41,6   firm but kindly 5,7
Nichtdelinquente: lax 17,9   erratic 17,9   firm but kindly 55,5
.... "Die Delinquenten haben jedenfalls eine etwas geringere Beobachtungsfähigkeit und zeigen eine weniger starke Fähigkeit für objektive Interessen; signifikant größere Gruppen von ihnen als von den Nichtdelinquenten sind im Denken unrealistisch, haben keinen gesunden Menschenverstand und sind unsystematisch in ihrem Zugang zur Meisterung geistiger Probleme oder Aufgaben." Unterschiede sehen die Autoren vor allem in Bereichen, "die mit emotionaler Dynamik verwoben sind" .... [Sheldon and Eleanor Glueck 1964]
p127: Bemerkenswerterweise korreliert Kriminalität des Vaters nicht mit einem einzigen kriminogenen Persönlichkeitsmerkmal bei den delinquenten Jugendlichen (was im Falle der Vererbung höchst wahrscheinlich wäre.
p134ff: Der Anstieg der Kriminalität ist noch steiler mit zunehmend negativer Haltung der Mutter, von "normal-liebevoll" (27%) bis zu "vernachlässigend" (72%), wobei wieder zu berücksichtigen ist, dass Vernachlässigung Ablehnung und Lieblosigkeit einschließt.
.... "Mütterliche Ablehnung schien kriminogener als väterliche Ablehnung."
.... So hängen die Auswirkungen väterlicher oder mütterlicher Grausamkeit ab von der Persönlichkeit des jeweils anderen Elternteils. Sie zeigt geringe Wirkung, wenn der andere Elternteil liebevoll ist.
.... Es ergibt sich aus den Untersuchungen zur Wahl des Verbrechenstypus eine aufschlussreiche Tendenz: während bestimmte Verbrechensarten eindeutig und hoch mit mütterlichen Grundeigenschaften konstant korrelierten ...., gilt für die Väter, dass deren Persönlichkeit, wiewohl wichtig für die Entstehung von Kriminalität überhaupt, kaum Auswirkungen auf die Wahl des Typs von Verbrechen hat.
[William and Joan McCord 1959]
p144f: 69% der Delinquenten, aber nur 14% der Nichtdelinquenten beantworten die Frage, wer sie mehr liebe, mit "die Mutter". Dagegen äußern nur 15% der Delinquenten, aber 56% der Nichtdelinquenten, dass sie sich von beiden gleich geliebt fühlen. 54% der Delinquenten gegen 7% der Nichtdelinquenten wünschen sich, vom Vater mehr Zuneigung zu erfahren.
.... Väter von Delinquenten haben weniger Zeit für ihre Söhne, die Familienkontakte sind gestört: 20% der Delinquenten, gegenüber 85% der Nichtdelinquenten, verbringen den Sonntag mit den Eltern; ....
"Die Qualität der Freizeitkontakte zwischen Vater und Sohn war eindeutig niedriger bei den Delinquenten als bei den Nichtdelinquenten." .... doppelt so viele Delinquenten als Nichtdelinquenten betrachten ihre Väter als "inadäquat" .... doppelt soviele D wie N werden vom Vater ohne Vorwarnung geprügelt, 5% der D, aber 38% der N nennen ein elterliches Gespräch mit ihnen die wirksamste Strafweise.
p150: Als (voll bestätigte) These von Gold lässt sich formulieren, dass die sekundären Identifikationsmöglichkeiten für Delinquenten, vor allem mit dem Vater, wesentlich geringer sind als die der N und dass die die sekundäre Identifikation begründende "Anziehung" des Vaters sehr schichtenspezifisch variiert.
p163: Ein Kind, das stark frustriert und abgelehnt wird, hat wenig oder nichts zu gewinnen, wenn es die Wut und die Aggression ... kontrolliert.
p167 Vor allem "die Mütter der aggressiven Jungen waren signifikant toleranter in bezug auf Aggression gegen sie selbst als die Mütter der Kontrolljungen".... Die umgekehrte Inkonsistenz ergibt sich bei offenen Aggressionen gegen andere: hier sind die Mütter der Aggressiven deutlich strafbereiter, die Väter toleranter als bei der Kontrollgruppe ....;ja, "sie ermutigen die Jungen aktiv, außerhalb der Familie Aggressionen zu zeigen"
p179: Bennett fand sowohl für die Persönlichkeit der Mutter wie des Vaters signifikant höhere Belastungen der Eltern von delinquenten als von neurotischen Kindern mit einer ganzen Reihe von Störungen: die Hälfte der Mütter waren "dissozial oder moralisch labil" (morally unstable), d.h., sie begingen selbst Delikte, tranken, hatten Vorstrafen, waren streitsüchtig, autoritätsfeindlich und deckten ihre Kinder nach delinquenten Handlungen.
Ähnliches galt in einer signifikant höheren Zahl für die Väter.
p181: Die Inkonsistenz der Haltungen der Eltern kann, wenn sie nicht Resultat einer konträren Behandlung des Kindes aufgrund erstarrter Divergenzen zwischen ihnen ist, die dem Kind ein aktives Manipulieren erlauben, unberechenbar sein, wenn sie in den wechselnden Spannungszuständen im Verhältnis der Eltern und deren schwankenden Bündnisbedürfnissen begründet liegt. "Die 'Hassliebe', die solche Eltern vielfach aneinander bindet, lässt die Möglichkeit offen, dass sie sich zeitweilig wieder miteinander arrangieren. In Phasen manifester Feindseligkeit bedrängt jeder das Kind, dass es seine Partei gegen den anderen ergreife. Wieder kurzzeitig miteinander versöhnt, können sie das Kind in der bisherigen Form nicht mehr gebrauchen." (Richter, 1963, S. 280) In dieser Weise muss wohl das Gefühl massiver Ablehnung erklärt werden, das Kinder in solchen Familien erleben.
[p380: Der Erfolg ist eine Schwächung der Identifikationsmöglichkeiten, aber eine Stärkung der Neigung zum zynischen Kalkül, zur lauernden Beobachtung, zur Preisgabe der Empathie, zur manipulativen Einstellung usw.]

Kapitel VI: Psychoanalytische Kriminalitätstheorien

Teil I: Psychopathie, Angst und Abwehr

p184: "Wir fanden, dass es dem delinquenten Jugendlichen an Schuld- und Schamgefühl fehlt .... Seine emotionalen Merkmale bieten ein Bild, das mit der psychoanalytischen Erklärung der stehengebliebenen oder deformierten Gewissensbildung des Delinquenten übereinstimmt; das heißt, er ist unfähig, Frustrationen zu ertragen oder seine unmittelbare Befriedigung zugunsten fernerliegender Ziele aufzuschieben, weil seine Gewissensentwicklung auf einem Niveau verbleibt, das dem des kleinen Kindes gleicht. .... Moralisch belehrende Erziehung hat keinen Einfluss, weil sie nicht in Nachahmung und emotionaler Identifikation mit einem Menschen begründet ist, an den es durch wechselseitige tiefe und liebevolle Gefühle gebunden ist.... [Bennett 1969]
"Der Psychopath ist asozial. Sein Verhalten bringt in oft in Konflikt mit der Gesellschaft. Den Psychopathen treiben primitive Wünsche und eine übertriebene Gier nach Erregung. In seiner auf sich selbst bezogenen Suche nach Lust ignoriert er die Einschränkungen seiner Kultur. Der Psychopath ist hochimpulsiv. [McCord 1964]
p188: Diese "Psychopathen" "unterscheiden sich vom Psychoneurotiker allein dadurch, dass dieser die Spannung zwischen unbewussten Tendenzen und verdrängenden Kräften im neurotischen Symptom - autoplastisch - darstellt, während der erstere die gleiche Spannung durch Handlungen - alloplastisch - in die Realität überführt". .... "Für alle Psychoneurosen wie für den größten Teil der Kriminellen ist charakteristisch, dass diese Einverleibung des Über-Ichs unvollkommen bleibt. Es misslingt die Zusammenfassung des Ichs und des Über-Ichs zu einem einheitlichen Gebilde, das Über-Ich bleibt mehr oder weniger ein Fremdkörper, es bleibt eine Spannung zwischen dem Ich und dem Über-Ich, in der das Ich bestrebt ist, seine Unabhängigkeit gegenüber dem Über-Ich wieder zu erlangen, dem Drängen der ursprünglich unangepassten Triebtendenzen es Es nachzugeben." [Alexander und Staub 1929]
p189: .... liegt die Annahme zugrunde, die Charakterstruktur einschließlich des Überichs könne durchaus normal integriert, aber als Ganze antisozial ausgerichtet sein. Die Forschungsergebnisse (vgl. Kapitel IV) widersprechen dem. Milieus, in denen eine "normale" Sozialisation zu einem kriminellen Überich führt, scheinen extrem selten, wenn nicht inexistent zu sein. [ebenda]
p198ff: 2. Die Theorien der Überichlücken
Johnson und Szurek stellen in jahrelangen Untersuchungen und psychoanalytischen Behandlungen von dissozialen Kindern und deren Eltern fest, dass in sehr vielen Fällen, besonders bei äußerlich gut angepassten Familien, das dissoziale "Ausagieren" (antisocial acting out) von Kindern in sehr engem Zusammenhang stand mit unbewussten Konflikten der Eltern .... Bei der Wahl des Kindes - denn meist wird nur ein einziges Kind zum Agieren gebraucht - spielen Momente der Konstitution, der Geschwisterfolge, des Geschlechts usw. eine Rolle, die den "Anlass" dafür bilden, ihm die Rolle des "Sündenbocks" (scapegoat) zuzuschieben .... "Die unbewusste Verwendung (employment) des Kindes zum Ausagieren der eigenen ... Impulse durch die Eltern wurde in allen ökonomischen und Bildungsschichten beobachtet, und zwar mit der Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Voraussagbarkeit eines gutdefinierten, menschliches Verhalten determinierenden psychologischen Mechanismus."
.... das abweichende Verhalten wird unbewusst bekräftigt, trotz bewusster und verbaler oder gar punitiver Gegensteuerung ....
p203: Es zeigte sich, dass signifikant mehr Kinder, die von ihren Eltern eher als Unruhestifter (troublemakers) denn als "Schoßkinder" (pets) betrachtet worden waren, kriminell wurden. "Die zugewiesenen Rollen waren offensichtlich vorhanden vor dem Einsetzen der Delinquenz. Der Schluss schien zu sein, dass Eltern, wenn sie ihre Kinder als Unruhestifter sahen, eine sich selbst erfüllende Voraussage machten" (self-fulfilling profecy ....). Auch hier scheint die Wahl des Sündenbocks vorzuliegen. [McCord]
p210ff: Unter normalen Umständen erträgt ein Kind die Erfahrung, dass es von übermächtigen Erwachsenen hilflos abhängt, mit Hilfe der Tatsache, dass es geliebt wird. .... Das Gefühl, nicht geliebt zu werden, bedeutet für das kleine Kind eine schwere Bedrohung seiner Existenz, die es abzuwehren versucht .... "Die Pathologie des Delinquenten scheint zentriert um die Umwandlung des primären in sekundäres Omnipotenzgefühl. Es widersteht der Abtretung von Teilen seiner eigenen Omnipotenz an andere." [Künzel 1968]
p211: Aggressives Agieren wurde als Abwehr drückender Angst analysiert. .... Gelegentlich beanspruchen sie offen, sie seien ausgenommen vom Zwang, die Gesetze zu beachten, denen der Durchschnittsmensch gehorcht. [Eissler 1959]
p214: .... Eltern von Kriminellen des psychopathischen Typs .... "im allgemeinen unreife Individuen, die, offen oder versteckt, ausbeuterisch gegenüber ihren Kindern sind, ebenso wie brutal. .... In diesen Familien fehlt es an den entsprechenden Vorbildern zur Identifikation als Hilfe in der Ichentwicklung des Kindes; im Gegenteil, die infantilen Eltern machen aus ihren Kindern Eltern und richten Wünsche an sie (want from them) auf allen emotionalen Ebenen. .... dass eine derartige Mutter ebenso bereits die Enttäuschung wie die Liebeserfüllung antizipiert ... " [Bernabeu 1958]
p219: "Unter der Oberfläche scheinbarer Konformität und 'Bravheit' findet man oft bei einem Elternteil das Bedürfnis, dass ein Familienmitglied delinquent ist." [Gerd Iben 1968]

Kapitel VII: Psychoanalytische Kriminalitätstheorien

Teil II: Störungen der Identifikation

p243f: "Der Delinquent hat unwirksame Ichmechanismen, und folglich neigt er dazu, Konflikte eher auszuagieren als mit ihnen mit rationalen Mitteln oder durch Symptombildung (also intrapsychische Verarbeitung, T.M.) umzugehen. ....
Der psychischen Struktur des Delinquenten fehlt offensichtlich die Fähigkeit zum Festhalten glücklicher Erinnerungen. Erinnerungen haben keinen nährenden Wert für ihn." .... Dies ist ein Aspekt der oft zitierten geringen Fähigkeit des Psychopathen zu lernen. Sie kann in diesem Fall unschwer mit der Inkonsistenz und Unberechenbarkeit bzw. Unsicherheit der "glücklichen Erinnerungen" in Zusammenhang gebracht werden und mit der fehlenden frühen Introjektion verlässlich-positiver Objekte, die dauerhaften inneren Schutz vor Verlassenheit und Hilflosigkeit bedeuten. [Grossbard 1962]
p246ff: "Viele unserer Kinder sind so fatalistisch verängstigt und überzeugt von der Unvermeidbarkeit des Versagens, dass sie sich von manchen Bereichen ganz zurückziehen oder fürchterliche Widerstände entwickeln gegen den bloßen 'Versuch', sogar unter den günstigsten Umständen."
"Während ich dich als Mensch gern habe, wünsche ich doch keinen Rat." .... Es ist eine Art Sympathievertrag, der Ichveränderung ausschließt. [Bandura und Walters 1959]
p267f: Je aggressiver und brutaler in Realität und Phantasie der Umgang des Vaters mit der Mutter ist, desto geringer ist die Identifikationstendenz. Je nach den Dominanzverhältnissen ist der Vater der (von der Mutter) abgelehnte Schwächling, mit dem sich zu identifizieren die Drohung von Strafe oder Liebesverlust einschließt, oder er ist der brutale Störenfried, dessen Rohheit die ödipale Ambivalenz in direkten Hass verwandelt.
p276ff: "Es ist vor allem die Funktion des Vaters, ihr 'den Rücken zu stärken' (to back her up) dadurch, dass er sein Verhalten mit ihrem in Übereinstimmung bringt (make consistent), so dass sie für das Kind ein 'einziges Objekt' darstellen." .... Die elterlichen Aktivitäten lassen sich dabei zusammenfassen als ein auf die Wahrnehmungs- und Motivationsmöglichkeiten des Kindes zugeschnittener, dosierter Rollenwandel. [Parsons 1955]

Teil III: Jugendkriminalität und Sozialstruktur

p281: "Der Angehörige der Unterschicht hat mit größerer Wahrscheinlichkeit ein schwach internalisiertes Überich. Dies kommt zum Teil daher, dass die Körperstrafen, denen er durch die Eltern ausgesetzt ist, direkter und äußerlicher sind. Grundsätzlich hängt aber die Entwicklung eines Überichs von einem starken Band der Liebe zwischen Eltern und Kind ab. Das Kind, das körperlich gestraft wird ohne die Drohung eines Liebesverlustes, handelt nach den Spielregeln nur, solange der Polizist aufpasst. Das Kind der Mittelschicht hat dagegen den Polizisten verinnerlicht und hält sich an die Regeln, auch wenn niemand zusieht. Diese Eigenschaft ist unabdingbar für den Erfolg, wie er in unserer Kultur durch die Mittelschicht definiert ist. Die Entwicklung von Schuldgefühl und die Angst vor Liebesverlust, die notwendig sind, um ein Individuum sexuelle und aggressive Bestätigungen opfern oder umformen zu lassen, das sind die Mechanismen, mit denen Kinder vorbereitet werden, um eine hohe soziale Stellung zu erhalten oder zu erwerben." [Langner und Michael 1963]

Kapitel VIII: Potentiell kriminogene Sozialisationsbelastungen in der Unterschicht

p291f: Im Gegensatz zur überlegten Zurückhaltung und einem geplanten Einsatz möglicher Strafe der Mütter der Mittelschicht strafen die der Unterschicht im Augenblick des Zorns, also wenn sie selbst böse sind. ....Die Strafe dient mit zu ihrer eigenen emotionalen Entladung. [Kohn 1959]
p296: "Willkürlich bedingte Unterwerfung unter Autorität ist unangenehm, weil sie das Kind in eine verletzliche und demütigende Position versetzt .... Der Elternteil, der sich selbst als oberste Autorität setzt, beraubt so das Kind der Initiative und behindert seine Anpassung an neue Situationen." [Waters and Crandall 1964]
p299: Gerade dieser "support" durch den Vater für den Sohn fehlt tendenziell in der Unterschicht
p304ff: .... dass der größte Mangel an adäquater Rollenerfüllung der Eltern sich "in den Bereichen findet, die mit expressivem Verhalten zu charakterisieren sind" ...., also dort, wo es um den Austausch von Gefühlen, Fürsorge, Verhaltenserwartungen, Unterstützung geht .... Die Ausfälle sind also in den Bereichen am größten, die für die Entstehung von Delinquenz am wichtigsten sind. .... Nach Hollingshead (1953) ist Familieninstabilität in der Unterschicht doppelt so hoch wie in der Mittelschicht. .... Subkulturelle Männlichkeitsideale tabuieren einen expressiven Umgang des Mannes mit der Frau wie mit den Kindern. Die Äußerung von Gefühlen wird mit einem Mangel an "Männlichkeit" verknüpft [Komarovsky 1962]
p307: Da die konstante emotionale Zufuhr von seiten des Mannes fehlt und die Frauen ständig unsicher sind, ob sie die Zuneigung des Mannes wirklich besitzen, suchen sie Ersatz bei den Kindern
p310: Das Faktum der Überfüllung enger Wohnungen, der Unmöglichkeit des Rückzugs und der "Privatheit" und der daraus folgenden höheren Reizbarkeit und Aggression erwies sich bei den Gluecks (1950) als in hohem Maße kriminogen

Kapitel IX: Identifikation, Externalisierung, psychische Erkrankungen und soziale Schicht

p318ff: Als Grundhypothese ergibt sich für McKinley: "Die größere Straffreudigkeit und die häufigere Ablehnung des Kindes durch Eltern der niederen städtischen Schichten ist eine Folge der größeren Frustration der Eltern und ihrer stärkeren Gefühle der Bedrohung. Die Aggression der Eltern wird vom frustrierenden System (der Macht und Belohnungsstruktur der Industriegesellschaft) auf das relativ machtlose Kind verschoben. .... Menschen von höherem Status ... in der Lage, ihren Kindern mehr positive Sanktionen emotionaler Natur zuteil werden zu lassen, wie auch größere Belohnungen an sozialer Stellung und materiellem Komfort. Sie erhalten mehr von der Gesellschaft und können, ohne dass ihr eigenes seelisches Gleichgewicht darunter leidet, mehr geben ..."
Untersuchungen über die Bewertung des Vaters durch den Sohn und dessen Anerkennung als Vorbild erbringen zwischen den Schichten .... ähnlich hohe Divergenzen wie zwischen delinquenten und nichtdelinquenten Jungen gleicher Schicht (Gluecks, McCord, Nye, Gold): von seiten des Sohnes "wird weniger Achtung und Zuneigung empfunden für den Vater der Unterschicht, zum Teil aufgrund der Haltung der Mutter, aber auch, weil der Vater dem Sohn keine Vorteile verschaffen kann ..." [David McKinley 1964]
p331f: ... Selbstunzufriedenheit - rebellische neigungen unterdrückt - konflikt familienintern ausgestragen, entweder durch streit oder durch symbolische konfliktdarstellung: wenn die familie in stark norm-konformer nachbarschaft lebt, wird intern ein sündenbock gesucht.
Sozialcharakter der großeltern-generation in der unterschicht bestimmt durch rigide persönlichkeitsentwicklung in relativem einklang mit möglichen berufsrollen. Dynamisierung der gesellschaft mit betonung von aufstiegschancen lässt einengungen nicht mehr als (kulturell) vorgegeben erscheinen; tatsächlich jedoch wirken sie weiter, nun aber in den sozialisationspraktiken der eltern, welche ihre persönlichkeitsdefekte in der familie weitergeben unter zunehmender unzufriedenheit. "Was für die Vorfahren (selbstverständliche, T.M.) soziokulturelle Zwänge waren, wurde für die Nachkommen zu Verboten. Was in früheren Generationen soziale Unzufriedenheit gewesen sein mag, verwandelt sich in die Formen innerpsychischen Konflikts, zwischenmenschlicher Verunsicherung und Feindseligkeit, wie sie der Psychiatrie vertraut sind." [Rubenfeld 1965]
p334: Der Misserfolg und die Deformationen der Kinder bestätigen die eigene Anpassungsleistung und befreien von totaler Versagensangst. Sie behandeln die Kinder "impulsiv und inkonsistent", mit Extremen von Lohn und Strafe, "weil sie nicht daran interessiert sind, ihre Kinder in Richtung auf späteren Erfolg zu entwickeln". [Myers und Roberts 1959]
p338ff: Eltern mit "emotionalen störungen" = geisteskrankheit, perversion, haltlosigkeit, egozentrismus unter
delinquenten: Väter 44%   Mütter 40.2%
nichtdelinquenten: Väter 18%   Mütter 17.6%
[Glueck]
"Von der höchsten zur niedrigsten Schicht geht der Anteil der Gesunden (the well) schrittweise von 24.4 auf 9.7% zurück, während der Anteil an Gestörten (impaired) von .... 17.5% auf ... 32.7% steigt." [Srole u.a. 1962]
p343: organische gehirnschäden finden sich in der unterschicht fünf- bis siebenmal häufiger als in mittel- und oberschicht [Langner und Michael 1963]
p358: Als zentrale These dieser Ausführungen möchte ich noch einmal hervorheben: Angesichts unserer psychoanalytischen Erkenntnisse über die Ursachen von chronischer Kriminalität und der Absurdität des gegenwärtigen Strafens wächst im Strafrecht das Moment der sozialen Grausamkeit, ja der Inhumanität.



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